Roland Kessler aus Deggendorf/Niederbayern

 

Büchsenmacher aus Leidenschaft

Der Name Kessler ist untrennbar mit einem Repetierer verbunden, der nach seinem Schöpfer benannt ist – die Kesslerin. Wobei die Bezeichnung „die Kesslerin“ eigentlich nicht ganz richtig ist, denn dabei handelt es sich um eine ganze Modellfamilie.

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Auch die Entwicklung war keine einmalige Sache, sondern läuft stetig weiter. Zu verbessern gibt es schließlich immer etwas und wer wie Büchsenmachermeister Roland Kessler nicht einfach Waffen und Zubehör über die Ladentheke reicht, sondern viel lieber in der Werkstatt steht und tüftelt, findet immer wieder Kleinigkeiten, die noch besser gemacht werden können.

 

Bis der erste Kunde eine „Kesslerin“ in Empfang nehmen konnte, war es jedoch ein langer Weg. Er begann vor 40 Jahren in Münnerstadt am damaligen Standort der Firma Heym. Dort absolvierte Roland Kessler von 1972 bis 1977 eine Ausbildung zum Systemmacher. Solche Fachleute fertigen Verschlussstücke für Kipplaufwaffen oder Waffen mit Blockverschluss – ein Beruf mit langer Tradition, den es heute aber so gar nicht mehr gibt. Der Beruf wurde am 16. Juni 1937 anerkannt und am 1. August 1987 aufgehoben.

 

Roland Kessler ist also eigentlich ein Spezialist für Kipplaufwaffen. 1977/78 arbeitete er zunächst bei Waffen Kerner im fränkischen Bad Königshofen, bevor er zum Traditionsbetrieb Kuchenreuter in den Bayerischen Wald nach Cham wechselte. Dort blieb er bis 1982.

 

1980 legte er vor der Handwerkskammer Oberbayern die Meisterprüfung zum Büchsenmachermeister ab. Jetzt standen ihm alle Wege offen und er schnupperte zunächst mal am Duft der großen weiten Welt und ging in die USA. Deutsche Büchsenmacher sind dort höchst willkommen undRoland Kessler arbeitete von 1982 bis 84 bei Paul Jaeger in Philadelphia – eine der ersten Adressen für Custom-Rifles in den USA, dort baute Kessler edle Repetierer aus besten Komponenten. Die Ursprünge von Jaeger liegen in Suhl, man nennt die alteingesessene Firma in den USA auch „The German gunsmiths“ – ein passender Platz für Roland Kessler, an dem er viel über High-End- Repetierer lernen konnte. Bereits 1985 wurde ein Jaeger-Custom-Repetierer auf einer Auktion in den USA für 140 000 US Dollar verkauft. 1985 kehrte Kessler nach Deutschland zurück und gründete im niederbayerischen Deggendorf, nahe der Grenze zu Österreich, sein eigenes Unternehmen. Waffen Kessler galt schon bald als Begriff für Qualität und Zuverlässigkeit – und Roland Kessler machte alles, was in einem Büchsenmacherbetrieb so anfällt: von Zielfernrohrmontagen über den Einbau von Einsteckläufen bis zur Restauration von Kipplaufwaffen. Als gelernter Systemmacher verfügte er dazu über das nötige Fachwissen. Bis zur Geburt der Kesslerin vergingen aber noch fast 15 Jahre, der Gedanke, eine besonders leichte und schlanke Repetierbüchse zu bauen, kam ihm bei der Jagd. Besonders die Bergjagd hatte es ihm angetan, durch die Nähe zu Österreich bestand dazu auch reichlich Gelegenheit. Bergjäger bevorzugen leichte Büchsen, die sich angenehm tragen lassen. Kipplaufbüchsen sind dazu besonders beliebt, viel leichter und schlanker lässt sich kaum ein Waffentyp fertigen. Ihr Nachteil ist aber, dass nur ein Schuss vorhanden ist. Trifft die erste Kugel nicht die richtige Stelle und kommt das Stück außer Sicht, bevor man nachgeladen hat, steht eine Nachsuche an, was im Gebirge für Jäger und Hund besonders schwierig und auch gefährlich sein kann. Roland Kessler bevorzugte daher auch bei der Bergjagd stets Repetierer, ärgerte sich aber über ihr hohes Gewicht. So lag der Gedanke nahe, einen Repetierer zu bauen – so schlank und leicht wie eine Kipplaufbüchse, aber nicht mit deren beschränkter Feuerkraft. Drei Schuss sollten reichen für einen Bergjäger. Fabrikmäßig hergestellte Repetierer haben größere Magazine, was sie entsprechend groß und schwer macht. Auch Systeme und Schäfte sind oft überdimensioniert.


Schaut man sich alte Büchsen (etwa die ersten Mannlicher Schönauer) an, staunen moderne Jäger, wie schlank sich eigentlich Repetierer bauen ließen. Die Idee war geboren, doch sie auch mzusetzen, war alles andere als einfach. 1999 war es so weit: Die erste Kesslerin war fertig. Und Roland Kessler ließ sich einen Gebrauchsmusterschutz für den Kompaktabzug eintragen, der zu den maßgeblichsten Bauteilen der neuen Büchse gehört.

 

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